Das festgefügte Bild des Menschen ist längst verschwunden: Die modernen Naturwissenschaften haben nachhaltig gezeigt, wie fragmentarisch die Wahrnehmungsfähigkeit des Menschen ist. Die Expeditionen in das Reich der Psyche haben unglaubliche Untiefen zutage gefördert.Diese Fragmentierung des früher geschlossenen Bildes des irdischen Zweibeiners hat auch in der Kunst ihre nachhaltigen Spuren hinterlassen. In Österreich im besonderen in der Bildhauerei, die ihre Wurzeln in den Arbeiten von Fritz Wotruba hat.
Nun lassen sich die Folgewirkungen der Auseinandersetzung mit der Darstellung des Menschen durch Wotruba bereits in der Enkel- oder gar Urenkelgeneration beschreiben. Einer dieser Vertreter ist Florian Schaumberger, der bei Joannis Avramidis, selbst Schüler von Fritz Wotruba, studiert hat. Anders als dieser, dem das statische Abbild des Homo politicus, in einer anonym gewordenen Massengesellschaft zum Lebensinhalt geworden ist, zeigt Schaumberger den Menschen in Bewegung.
Gleichsam die Reduktion auf die bloße Form, reduziert auf ein Kürzel, verdichtet auf einen Charakter, präsentiert Schaumberger seine Sicht auf die menschliche Figur. Dabei läßt sich diskutieren, ob die reine Bewegungslust ihre Darstellung findet oder der Mensch in psychischen Erregungen. Beide Facetten bieten reizvolle Ansätze zur Interpretation. Ist es der Mensch in seiner Bewegungslust, dann ist die Kritik Schaumbergers unübersehbar, sind doch noch viele Menschen in unserer Gesellschaft mit ihrem eigenen Körper überhaupt nicht vertraut. Ist es der Mensch in seiner psychischen Erregung, dann wendet sich der Künstler den klassischen Themen zu: Solange die Erde nicht so unbewohnbar wird wie die Rückseite des Mondes, werden Menschen auf ihr leben, mit ihren Sorgen, Nöten, Hoffnungen und Träumen. Diese manifestieren sich bekanntlich zu jeder Zeit in anderer Form und verlangen daher immer wieder eine neue Gestaltung.
Schaumberger ist ein mutiger Künstler. Seine Arbeiten haben nicht vor, sich auf die bloße Ästhetik zurückzuziehen, sondern er strebt in seinen Arbeiten die ästhetische Durchdringung der gestellten Themen an, um so neue Gestaltungen und gültige Lösungen zu finden.
Helmuth A. Niederle,
Kulturkritiker, Schriftsteller, Herausgeber und Präsident des P.E.N. Club Österreich